Weiter ging die Fahrt in Richtung der nächsten Pässe, die auf meiner Liste abgehakt werden wollten. In diesem Fall der „Heilige Tour de France-Berg“ Galibier und sein „Vorpass“ Télégraphe. Mit dem Auto passierte ich unter anderem den Col de la Madeleine. Ebenfalls ein Berg, der regelmäßig Bestandteil der „Grand Boucle“ ist.
In St. Michel de Maurienne fand ich recht schnell ein nettes Hotel, welches genau im Zentrum lag. Der Anstieg zum Télégraphe lag praktisch genau vor der Haustüre. Nach dem Beziehen des Zimmers futterte ich noch etwas, bevor es ans Umziehen und auf’s Rad ging. Die Sonne lachte vom Himmel, perfektes Wetter also. Im Fernsehen und Internet wird der Col du Télégraphe immer als „Zubringerberg“ zum Highlight Galibier dargestellt. Ich muss gestehen, ich habe ihn etwas unterschätzt… Knackige Rampen und wenige Flachstücke auf knapp 12 km nach oben, dafür im unteren Teil mit schattenspendendem Wald. Ich war ziemlich allein unterwegs, mal abgesehen von den Autos, die überholten und mir entgegen fuhren.
Auf den letzten 2 Kilometern fuhr ich zu einem netten Franzosen auf, mit dem ich dann gemeinsam die Passhöhe erreichte. Er war so nett, mein Passfoto zu schiessen 🙂
Es folgte eine schöne Abfahrt hinunter nach Valloire, wo ich die Beine mal etwas hängen lassen konnte. In Valloire traf ich dann 2 Engländer, die ich später nochmals sehen sollte. Die Straße stieg nun steil auf über 10% an und führte aus dem Ort auf 17 km dem Galibier entgegen. Nach einem kurzen Flachstück durch ein kleines Dörfchen begann der eigentliche Aufstieg. Die Straße stieg in Serpetinen an und ich passierte eine Landschaft voller Geröll auf der rechten Seite. Meine Flüssigkeitsvorräte gingen langsam auch zur Neige. Meine Rettung war ein Gebirgsbach, in dem ich eine meiner Flaschen füllte. Zum Glück folgte in einiger Entfernung eine Bar auf der linken Seite mit einem Brunnen davor- meine Rettung 🙂 Hier folgte eine Rechtskurve und die Straße stieg noch einen Tick steiler an. Der vollgekritzelte Asphalt sorgte für Tour de France-Stimmung. Die Brühe tropfte ordentlich vom Kopf und die Serpentinen wollten kein Ende nehmen. Ich war bei weitem nicht der Einzige, der hier gegen den Berg ankämpfte. Viele standen erschöpft am Straßenrand bzw. schlugen langsames Tempo an. Man grinste sich beim Vorbeifahren nur an, das reichte, um zu sagen: „Was tue ich mir da eigentlich an?“ Auch ich war mir nicht sicher, ob ich nicht weiter unten überzogen habe. Am Pantani-Denkmal (hier überholte er 1998 Jan Ullrich während dessen Hungerast) stellte auch ich kurz das Rad beiseite und knipste etwas, was ich sonst nur während des Fahrens machte.
Die besagten Engländer aus Valloire überholten mich. Wir fuhren zusammen die verbliebenden Kehren, doch einer der beiden pfiff auch schon auf dem letzten Loch. Ich feuerte ihn nochmals an, denn vom Galibier-Tunnel war es nur noch ein Katzensprung nach oben zur Passhöhe. Das Problem waren nur die steilen Rampen auf den letzten Kehren. Als ich dann das Ziel auf 2645 m erreichte, erwartete mich eine grandiose Aussicht auf die karge Mondlandschaft unter mir. Anscheinend kann man von hier den Mont Blanc sehen, was ich aber irgendwie total versäumte. Als die Engländer kamen, klatschten wir gemeinsam ab. Absolute Attraktion unter den vielen versammelten Radlern und motorisierten Touries war ein Brite, der mit einem alten Motorrad und Retro-Kleidung den Pass befuhr. Nach dem obligatorischem Fotoshooting am Passschild zog ich mir die Windjacke über und begab mich auf die Abfahrt. Viele nahmen noch den Weg mit dem Rad nach oben. Ich war froh, dass ich hinter dem Galibier mein Kreuzchen machen konnte 🙂 Nach der langen Abfahrt entledigte ich mich in Valloire erst einmal der Windjacke, denn hier war der Temperaturunterschied immens. Was nun folgte waren nochmals 5 km Gegensteigung zum Télégraphe, bevor es nochmals 12 km runter in Richtung Hotel ging. Abends spazierte ich noch etwas durch das Städtchen und aß etwas. Dabei lauschte ich den Heldengeschichten einiger Landsleute am Nebentisch 🙂 Draußen regnete es in Strömen, also auch hier nochmals Glück gehabt!